Pressemitteilung Landesverband Niedersachsen 2021-10-12
Mit dem gestrigen Beschluss zur Änderung des Kommunalverfassungsgesetzes hat der Landtag Niedersachsen auf Betreiben der Landesregierung das Bürgerbegehren für Entscheidungen zur Trägerschaft von Krankenhäusern oder des Rettungsdienstes untersagt, sowie mit einer Umstellung des Berechnungsverfahrens für die Sitzzuteilung in Ausschüssen die Rechte kleiner Fraktionen beschnitten. [1] Die PIRATEN Niedersachsen verurteilen dies als einen Anschlag auf die Demokratie.
„Einmal mehr erweist sich die Landesregierung als Demokratiefeind, die lieber feudalistische Strukturen sieht, als Beteiligung zuzulassen“, kritisiert Thomas Ganskow, Vorsitzender der PIRATEN Niedersachsen und deren Spitzenkandidat zur Landtagswahl 2022, scharf. „So hat sie statt die Hürden für Verfahren der Direkten Demokratie zu senken, wie wir PIRATEN es fordern [2], die Möglichkeit beschränkt, überhaupt Bürgerbegehren zuzulassen. Und das in einem so wichtigen Bereich, wie dem Betreiben von Krankenhäusern. Gesundheitsversorgung den Regeln des Marktes zu überlassen, ist ohnehin inhuman. Nicht umsonst fordern wir eine Rekommunalisierung von Krankenhäusern [3], dann hätte man das ganze Problem nicht!“
Mit der Änderung der Berechnung von Ausschusssitzen hat man die Situation geschaffen, dass nur noch die größeren Fraktionen in Ausschüssen vertreten sind.
„In Hannover führt das dazu, dass nur noch drei von zehn Parteien, die den Sprung in den Rat der Stadt geschafft haben [4], in den Ausschüssen vertreten sein werden. Und das, obwohl dort am ehesten noch Änderungen an Beschlussanträgen eingebracht werden können. Natürlich kann man sich weiterhin in Gruppen zusammenschließen, aber damit verwässert nicht nur das eigene Profil. Es macht auch fast keinen Sinn mehr, andere Parteien als eine der Etablierten zu wählen. Denn die Mitwirkungsrechte der anderen Parteinen werden gegen Null gefahren, wenn sie unabhängig in Ihrer parlamentarischen Arbeit bleiben wollen“, verurteilt Uwe Kopec, Vorsitzender der PIRATEN RV Hannover und Einzelvertreter der PIRATEN im Rat der Gemeinde Wennigsen (Deister) sowie Listen- und Direktkandidat zur Landtagswahl 2022, die Änderungen scharf. „Dass die SPD so etwas mitmacht ist unverstänlich, denn es ist ein Zeichen für ein mangelhaftes Demokratieverständnis. Es ist sehr sicher: Willy Brandt wird sich im Grabe umdrehen. Fazit: Von „Mehr Demokratie wagen“ [5] ist man weit entfernt. Es ist ein erneutes Armutszeugnis einer Partei, die längst ihre eigenen grundlegendsten Ansprüche über Bord geworfen hat.“
„Es ist schon mit den bisherigen Regelungen kaum möglich gewesen, als Einzelvertreter oder auch als Zwei-Personen-Fraktion wirkliche Mitbestimmung zu haben. Was jetzt durch SPD und CDU beschlossen wurde, ist die Einführung einer Prozenthürde durch die Hintertür. Alles nur, um Pfründe und Entscheidungsmacht zu generieren oder zu behalten. Und wahrscheinlich ist genau das das Ziel. Nur sorgt man so nicht für schnellere und bessere Abläufe, man sorgt so vor allem für Politikverdruss. Und damit erweist man der Demokratie einen schlechten Dienst“, ergänzt Karin Jacobs, Ratsfrau der PIRATEN der Hansestadt Stade. „Es hat ja seine Gründe, warum immer weniger die großen Parteien gewählt werden. Es ist nur zu hoffen, dass sich die Menschen merken, wem sie diesen Verlust an Mitbestimmung in der gesellschaftlichen Gestaltungsarbeit zu verdanken haben. Es ist auch nicht zu erwarten, dass die Landesregierung in einer heute von Ministerpräsident Weil angekündigten weiteren Änderung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes diesen falschen demokratiefeindlichen Weg wieder zurück geht.“
Quellen:
[1] https://www.landtag-niedersachsen.de/Drucksachen/Drucksachen_18_12500/10001-10500/18-10018.pdf §§ 32 und 71
[5] https://www.swr.de/swr2/wissen/archivradio/willy-brandt-rede-1969-mehr-demokratie-wagen-102.html
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